Samstag, 18. März 2017

Eine Familie

Das Kind hat einen Schaden. Einen der übleren Sorte.
Der genervte Vater rennt in die Schule mit einer Gebrauchsanleitung
für Lernförderung. Beschwatzt die Lehrerin, sie solle ihm
zuhören. Aber die ist ganz woanders und denkt sich ihren Teil.
Das Kind wurde neulich auf dem Schulhof auffällig. Über das
Handy ließ es amüsiert einen Pornofilm laufen, in dem dem männlichen
Part die Hoden geklaut und dem weiblichen Part die Brüste
seziert wurden.
Die Mutter sitzt daheim alleine am Eßtisch, wartet auf den nächsten
Meteoriteneinschlag und betrachtet ihre vom Rauchen nikotingelben
Finger. Sie zieht sich ihre Tabletten rein und wartet darauf,
daß sich in der Nachbarwohnung wieder der Streit erhebt.
Welche Genugtuung ihr diese Streits bringen! So ist sie nicht so alleine
mit ihrem ständigen Klein-Ehe-Krieg oder Klein-Mutter-
Kind-Krieg. Überhaupt sie kriegt gar nicht genug vom Streit.
Das Kind kommt von der Schule und schmeißt den Ranzen in
den Flur. Die Mutter hat nichts gekocht. Schließlich war der Streit
wichtiger. Das Kind mault, daß es nichts zum Essen gäbe, zieht
sich zurück in sein Zimmer und schaltet den PC an. Endlich kann
es seine sexuellen Phantasien ausleben. Die animierte Computerfrau
sieht doch viel knackiger aus als seine Mitschülerinnen. Er
wichst sich einen ab, als die Computerfrau ihre Titten zeigt. Doch
da steht die Mutter im Türrahmen, aber er wird nicht einmal rot
im Gesicht und versteckt nur halb sein verschrumpeltes Glied.
Die Mutter wechselt die Bettwäsche. Die Flecken auf der Matratze
sind schon lange, vor Jahren, vertrocknet. Die Zeit rinnt ihr
davon wie ein ewig schlagendes Metronom. Er hat eine andere.
Die Frau weiß nicht, für wen die Samen des Mannes fließen. Sie
will nur versorgt sein. Sie ist eine der wenigen übriggebliebenen
Dinosaurier, die Heim und Kind pflegen und keiner Arbeit nachgehen.
Abends kommt der Mann vom Fußballschauen nach Hause
getorkelt. Spät. Sie sitzt vor dem Fernseher, das Kind starrt in den
PC, dem einzigen Freund und spielt Ballerspiele. Der Mann raunt
ihr zu, sie solle das Kind ins Bett schicken. Er habe größeres vor.
Nachdem das Kind verpackt ist, schiebt er die Frau ins Schlafzimmer,
schließt die Tür und küßt sie das erste Mal seit Jahren. Sie
ist angewidert und dreht sich zur Seite, denn er hat einen Rausch
und seine Fahne winkt im Wind des geöffneten Schlafzimmerfensters.
Er schwankt auf sie zu und reißt ihr das Kleid herunter, geht
zum Fenster, holt die Deutschlandflagge ein und wickelt sie ihr um
den Leib. Er macht einen Knoten am Halsrücken, so daß die Vorderseite
bedeckt ist und die Hinterseite offen. Er schmeißt sie auf
das Bett. Sie will sich zur Seite winden, aber da hat er schon seinen
Torpedo ausgepackt. Steil und geil stößt er in sie wie ein Schneeberg
in die Gewitterwolken. Schnell kommt es ihm und tausend
von kleinen Patronen regnen in ihren Wald.
Das Kind steht mit nackten Füßen im Schlafanzug vor dem
Guckloch und beobachtet die Szene. Das ist ja wie bei einem Ballerspiel
denkt er sich und geht, als die Mutter ins Kissen sinkt, ins
Wohnzimmer.
Er beugt sich über sie und spricht leise boshaft in ihr Ohr, daß
sie sich fortscheren solle oder eine geregelte Arbeit annehmen solle.
Er wolle sie nicht mehr verhalten.
Das Kind holt sich die Pistole des Vaters. Es hat die Schublade
schon öfters geöffnet und das Eisen berührt. Aber jetzt holt es sie
heraus, macht sie scharf und tapst zur Schlafzimmertür. Es guckt
durch das Loch. Die Mutter, gehüllt in die Deutschlandfahne ergießt
sich in einen Weinkrampf. Der Vater steht kalt am Fenster.
Leise öffnet das Kind die Tür, zielt auf den Vater und drückt ab.

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